Es kam, wie es kommen musste: Die neuen Grundsteuerwertbescheide haben eine Welle an Einsprüchen ausgelöst: Eine im Juni veröffentlichte Erhebung des Handelsblatts ergab, dass deutschlandweit bereits mehr als drei Millionen Immobilieneigentümer Einspruch gegen ihre Bescheide eingelegt haben. So liegt die Einspruchsquote laut Handelsblatt in Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise bei 14 %, in Schleswig-Holstein bei 10,8 %.
Um eine solche Flut an Einsprüchen von Anfang an zu verhindern, hatten der Steuerberaterverband und viele weitere Organisationen die Finanzverwaltung aufgefordert, die neuen Grundsteuerwertbescheide sämtlich vorläufig zu erlassen und Gerichtsurteile über die Verfassungsmäßigkeit der Berechnungsmethoden abzuwarten. Dieser Bitte kamen die Behörden bisher leider nicht nach. Wer die Bestandskraft eines zugestellten Grundsteuerwertbescheides verhindern will, dem bleibt daher im Regelfall nur der Einspruch. Aussicht auf Erfolg haben Einsprüche aber derzeit nur, wenn triftige Gründe vorliegen, die Bewertung anzuzweifeln.
Im Grundsteuerwertbescheid setzt das Finanzamt den Wert eines Grundstücks fest. Multipliziert mit einer Steuermesszahl, die von der Art des Grundstücks abhängt, ergibt sich der individuelle Steuermessbetrag, auf den die Gemeinde die zu zahlende Grundsteuer erhebt. Obwohl die Frist zur Abgabe der Grundsteuererklärungen in allen Bundesländern mit Ausnahme von Bayern bereits vor fünf Monaten abgelaufen ist, sind in unserem Beratungsgebiet von den Finanzämtern bisher nur sehr vereinzelt Bescheide über Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliches Vermögen) verschickt worden. Viele Landwirte und Verpächter kennen die neuen, ab 2025 geltenden Messbeträge für ihr land- und forstwirtschaftliches Vermögen also bisher noch gar nicht – aus einem seit langem bekannten Grund: Die richtige Abgrenzung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens gegenüber dem Grundvermögen (Grundsteuer B), seine Aufteilung und Bewertung ist aufwendig und potenziell strittig. Daher sind einerseits viele Erklärungen zur Grundsteuer A aufgrund ihrer Komplexität erst spät eingereicht worden. Andererseits benötigt die Finanzverwaltung entsprechend mehr Zeit für ihre Prüfung. Auch stand den Finanzämtern die benötigte Software lange Zeit überhaupt nicht zur Verfügung.
Vor diesem Hintergrund ist zu befürchten, dass die Zahl der Einsprüche weiter steigt, wenn in den kommenden Monaten zunehmend Bescheide auch für Grundsteuer A versendet werden. Jeder einzelne Einspruch muss dann wieder von der Finanzverwaltung bearbeitet werden. Das Chaos bei den Finanzämtern könnte somit noch länger andauern. Daher wiederholen wir im Interesse aller Beteiligten: Sämtliche Grundsteuerwertbescheide vorläufig erlassen!
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