Bereits seit 2010 haben deutsche Arbeitnehmer für einen vorübergehenden Einsatz im europäischen Ausland die sogenannte A1-Bescheinigung mit sich zu führen, um in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht eine Doppelverbeitragung zu vermeiden. Das Gleiche gilt für Gewerbetreibende, Land- und Forstwirte, Freiberufler oder andere selbständig Tätige, die im Rahmen ihrer gewöhnlich in Deutschland ausgeübten selbständigen Tätigkeit eine Geschäftsreise ins Ausland unternehmen. Neu ist allerdings, dass die ausländischen Behörden das Mitführen der A1-Bescheinigung verstärkt kontrollieren und gegebenenfalls empfindliche Bußgelder verhängen, wenn die Bescheinigung fehlt. Außerdem haben Arbeitgeber ab 1. Juli 2019 die A1-Entsendebescheinigung für ihre Mitarbeiter verpflichtend im elektronischen Verfahren zu beantragen.
Wer ausschließlich in Deutschland lebt und arbeitet, hat es auch nur mit dem Sozialversicherungssystem Deutschlands zu tun. Wird daneben eine vorübergehende Tätigkeit im Ausland aufgenommen, findet grundsätzlich auch das ausländische Sozialversicherungsrecht Anwendung. Es droht dann eine sozialversicherungsrechtliche Doppelverbeitragung. Diese wird durch bilaterale Sozialversicherungsabkommen vermieden. Danach soll nur das Sozialversicherungsrecht eines Staates Anwendung finden. Auf europäischer Ebene regeln dies entsprechende EU-Verordnungen. Sie gelten für alle EU-Mitgliedstaaten, für die EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen sowie für die Schweiz. Für die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen ihres deutschen Beschäftigungsverhältnisses in einen der vorgenannten Staaten, zum Beispiel um einen Auftrag abzuwickeln oder eine Messe zu besuchen, ergibt sich danach Folgendes: Ist der Auslandseinsatz im Voraus auf maximal 24 Monate zeitlich begrenzt, dann findet für den entsandten Arbeitnehmer allein das deutsche Sozialversicherungsrecht weiterhin Anwendung, auch hinsichtlich des vorübergehenden Einsatzes im Ausland. Der Nachweis der Entsendung wird gegenüber den ausländischen Behörden durch eine vom deutschen Sozialversicherungsträger ausgestellte A1-Entsendebescheinigung geführt. Diese A1-Bescheinigung bestätigt die Fortgeltung des deutschen Sozialversicherungsrechts. Das Gleiche gilt für Gewerbetreibende, Land- und Forstwirte, Freiberufler oder andere selbständig Tätige, die im Rahmen ihrer gewöhnlich in Deutschland ausgeübten selbständigen Tätigkeit eine Geschäftsreise ins europäische Ausland machen. Auch sie benötigen als Nachweis für die Weitergeltung des deutschen Sozialversicherungsrechts die A1-Bescheinigung.
Bescheinigung bei Dienstreisen immer mitführen
Unbedingt zu beachten ist, dass die entsandten Arbeitnehmer und selbständig Tätigen bei jeder Dienst- oder Geschäftsreise eine gültige A1-Bescheinigung mit sich führen. Sie muss für jeden grenzüberschreitenden Einsatz gesondert beantragt und mitgeführt werden, nur dann ist eine sozialversicherungsrechtliche Doppelversicherung ausgeschlossen. Dabei spielt es keine Rolle, wie lange der vorübergehende Einsatz im Ausland dauert, eine zeitliche Toleranz- oder Bagatellgrenze existiert nicht. Es gibt derzeit allerdings Bestrebungen, kurzzeitige Dienstund Geschäftsreisen aus dem Anwendungsbereich der Vorschriften herauszunehmen. Eine entsprechende Ausnahmeregelung liegt bisher allerdings noch nicht vor.
Spätestens ab 1. Juli 2019 elektronische Antragstellung
Seit Anfang 2019 haben Arbeitgeber für die Beantragung der A1-Bescheinigung das neue elektronische Antragsund Bescheinigungsverfahren A1 zu nutzen. Dieses Verfahren gilt nur für Arbeitnehmer der Privatwirtschaft und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, nicht aber für Beamte, Selbständige und für Personen, die gewöhnlich in mehreren EU-Mitgliedstaaten beschäftigt sind. Für Letztere gilt weiterhin das bisherige Papierverfahren. Für eine Entsendung des Arbeitnehmers in einen anderen EU-Mitgliedstaat, einen EWR-Staat oder in die Schweiz hat der Arbeitgeber im Voraus den digitalen Antrag auf Ausstellung einer A1-Bescheinigung an die zuständige Stelle zu senden. Die Zuständigkeit richtet sich danach, wie der Arbeitnehmer sozialversichert ist. Die Teilnahme am elektronischen Antrags- und Bescheinigungsverfahren A1 erfolgt über die gängigen systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramme mit einem entsprechenden Zusatzmodul für A1. Steht eine solche Lohnsoftware nicht zur Verfügung, kann die Beantragung alternativ auch über die kostenlose elektronische Ausfüllhilfe im Internet unter „sv.net“ erfolgen. Da die Umstellung auf das elektronische Verfahren in vielen Fällen nicht rechtzeitig erfolgen konnte, wird von den Krankenkassenverbänden für einen Übergangszeitraum von drei Monaten auch weiterhin ein Papierantrag zugelassen. Die Deutsche Rentenversicherung und der Datenservice für berufsständische Versorgungseinrichtungen akzeptieren Papieranträge lediglich bis 31. Juli 2019.
Verstärkte Kontrollen im Ausland
Nach Verlautbarungen von Arbeitgeberseite finden derzeit verstärkt Kontrollen im EU-Ausland statt, insbesondere in Österreich und Frankreich sowie in Rumänien und in der Schweiz. So werden entsandte Arbeitnehmer oftmals bereits auf Flughäfen kontrolliert. Prüfer lassen sich in Hotels die entsprechende Gästeliste zeigen und gehen gezielt auf Dienst- und Geschäftsreisende zu. Im Fokus der Prüfer stehen insbesondere auch Baustellen. Können entsandte Arbeitnehmer oder aber auch Selbständige im Rahmen ihrer Geschäftsreise bei entsprechenden Kontrollen eine A1-Bescheinigung nicht vorlegen, dann verhängen insbesondere Österreich und Frankreich derzeit empfindliche Bußgelder, und zwar sowohl gegen Arbeitgeber als auch gegen den entsandten Arbeitnehmer. Andere Staaten erheben für jeden Tag der ausländischen Erwerbstätigkeit Sozialversicherungsbeiträge. Außerdem kann entsandten Arbeitnehmern der Zutritt zu einer Baustelle oder zu einem Messegelände versagt werden. Österreich und Frankreich sehen derzeit offenbar von Bußgeldern ab, wenn im Rahmen der Kontrollen nachgewiesen werden kann, dass die A1-Bescheinigung zumindest vor der Entsendung beantragt wurde. Ist bei kurzfristigen Dienst- oder Geschäftsreisen die A1-Bescheinigung nicht mehr rechtzeitig eingetroffen, sollte somit zumindest eine Kopie des Antrages mitgeführt werden. Im Rahmen des elektronischen A1-Verfahrens ist es daher das Ziel der zuständigen Sozialversicherungsträger, dass die verwendeten Entgeltabrechnungsprogramme eine entsprechende elektronische Auftragsbestätigung generieren können, die nach Übermittlung des elektronischen Antrages unmittelbar ausgedruckt und sodann mitgeführt werden kann. Bis dahin könnte in diesen Fällen hilfsweise ein Screenshot des Antrages im Rahmen der Dienst- oder Geschäftsreise mitgeführt werden.
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