Wechsel von der Pauschalierung in die Regelbesteuerung
Viele landwirtschaftliche Unternehmer dürfen seit dem Kalenderjahr 2022 die Umsatzsteuerpauschalierung aufgrund des Überschreitens der Umsatzgrenze nicht mehr anwenden. Aufgrund des Wechsels in die Regelbesteuerung ist für die Betroffenen der Vorsteuerabzug aus Leistungsbezügen wie Futterherstellung, -einkauf oder Ähnliches zu prüfen. Die Finanzverwaltung ist restriktiv. Solange die Pauschalierung Anwendung findet, ist ein Vorsteuerabzug nach Meinung der Finanzverwaltung nicht zu gewähren. Nun hat der Bundesfinanzhof in einer ersten höchstrichterlichen Entscheidung aus Juli 2023 die Auffassung der Finanzverwaltung bestätigt.
Es war in diesem Fall streitig, ob eine Milchvieh GbR, die bis einschließlich 2021 ihre Umsätze der Pauschalierung unterworfen hatte, Vorsteuerbeträge aus Rechnungen für die weibliche Nachzucht abziehen kann. Die Aufwendungen waren zwar im Streitjahr 2021 entstanden, sollten jedoch für Umsätze im Jahr 2022 verwendet werden, einem Jahr, in dem die GbR wegen des Überschreitens der Umsatzgrenze von 600.000 Euro zwangsweise zur Regelbesteuerung übergehen musste.
Der Bundesfinanzhof hat wie folgt entschieden: Einer GbR, deren landwirtschaftliche Tätigkeit bei Leistungsbezug der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegt und die für diese landwirtschaftliche Tätigkeit eine Eingangsleistung bezieht, ist der Vorsteuerabzug zu versagen. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Eingangsleistung für Umsätze im Folgejahr verwendet wird, in dem diese Tätigkeit kraft Gesetzes der Regelbesteuerung unterliegt. Wechselt der Steuerpflichtige zwischen Leistungsbezug und Verwendungsumsatz freiwillig oder kraft Gesetzes von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Regelbesteuerung, ist der Vorsteuerabzug nur im Wege einer sogenannten Vorsteuerberichtigung zu gewähren.
Mit diesem Urteil hebt der Bundesfinanzhof im Revisionsverfahren die positive Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen auf. Laut Bundesfinanzhof ist für den pauschalen Vorsteuerabzug die Regelung bestimmend, die für den Land- und Forstwirt zu diesem Zeitpunkt Anwendung findet. Soweit die Klägerin von einer umsatzbezogenen Betrachtung ausgeht, geht die zu beachtende Mehrwertsteuersystemrichtlinie von Tätigkeiten und nicht von Umsätzen aus. Die Tätigkeit der Klägerin im Jahr 2021 war eine landwirtschaftliche Tätigkeit einer landwirtschaftlichen Erzeugerin (Tierzucht beziehungsweise Tierhaltung). In Bezug auf diese Tätigkeit hatte die Klägerin im Jahr 2021 kein Recht auf Vorsteuerabzug.
Die Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofes wird kritisiert. Es trifft zwar auf den ersten Blick zu, dass die Klägerin bis einschließlich 2021 ihre Umsätze nach Durchschnittssätzen versteuert hatte. Allerdings wusste sie aufgrund der jährlichen Umsätze im siebenstelligen Bereich, dass sie ab 2022 zwangsweise zur Regelbesteuerung übergehen musste. Mit Veröffentlichung der Gesetzesänderung und Einführung der Umsatzgrenze im Dezember 2020 hat sich nach hiesiger Auffassung neben dem Unternehmensteil „Pauschalierung“ ein weiterer Unternehmensteil „Regelbesteuerung“ im Unternehmen der Klägerin gebildet. Darüber hinaus ist die vom Bundesfinanzhof herangezogene jahrzehntealte Rechtsprechung für die Beantwortung der im Streit stehenden Rechtsfrage veraltet. Es wird nämlich nicht berücksichtigt, dass für den Vorsteuerabzug aus einer Eingangsleistung einzig die Verwendungsabsicht maßgeblich ist. Werden mit einer Eingangsleistung regelbesteuerte Ausgangsumsätze erzielt, muss ein Vorsteuerabzug eigentlich möglich sein.
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